Adam Szczerkowski

Wegen „verbotenen Umgangs mit deutschen Frauen“ wies die Gestapo Adam Szczerkowski 1941 in das Konzentrationslager Buchenwald ein. Die SS ermordete ihn bei einer öffentlichen Hinrichtung.

Adam Szczerkowski stammte aus Działoszyn in Polen. Kurz vor Kriegsbeginn war er mit seiner Familie aus Frankreich, wo er eine Zeit lang als Bergarbeiter gearbeitet hatte, in seine polnische Heimat zurückgekehrt. Als Soldat kämpfte er in der polnischen Armee. Er geriet in Gefangenschaft und kam in ein Kriegsgefangenenlager in Deutschland. Nach kurzer Zeit wurde er entlassen, musste jedoch in Deutschland bleiben. Als polnischer Zwangsarbeiter wurde er einem deutschen Bauern zugeteilt. Seit 1940 lebte er auf dessen Bauernhof in der Kleinstadt Hohenleuben in Thüringen.

Dort lebten, wie in zahlreichen deutschen Städten und Dörfern, noch weitere polnische Zwangsarbeitende. Einige von ihnen, darunter auch Adam Szczerkowski, trafen sich in ihrer Freizeit mit deutschen Frauen. Kontakte wie diese waren strikt verboten. Die Bevölkerung von Hohenleuben tolerierte sie jedoch zunächst. Doch im Juli 1941 wurde die Gruppe schließlich wegen „verbotenen Umgangs“ bei der Gestapo angezeigt. Die Frauen wurden öffentlich gedemütigt: Auf einem Leiterwagen mit der Aufschrift „Verräterin am deutschen Blut“ zog man sie durch die Stadt. Bevor die Gestapo sie verhaftete, schnitten örtliche NSDAP-Funktionäre den Frauen unter den Augen zahlreicher Schaulustiger auf dem Marktplatz die Haare ab. Adam Szczerkowski und die anderen Männer wies die Gestapo in das Konzentrationslager Buchenwald ein. Zehn Monate musste er dort im Steinbruch körperliche Schwerstarbeit leisten.

Am 11. Mai 1942 brachte die SS ihn und 18 weitere polnische Häftlinge in die kleine Ortschaft Poppenhausen. Zwei polnische Zwangsarbeiter hatten dort einen Polizisten tödlich verletzt und waren geflohen. Die Gestapo nahm dies zum Anlass, vor Ort ein blutiges Exempel zu statuieren. Um die in der Region eingesetzten polnischen Zwangsarbeitenden abzuschrecken, erhängte sie an diesem Tag nicht nur einen der Täter, sondern zusätzlich 19 unbeteiligte polnische Häftlinge aus dem Konzentrationslager Buchenwald. Die Hinrichtung glich einem Spektakel. Neben Parteifunktionären strömten deutsche Männer und Frauen als Schaulustige zum Ort der Hinrichtung. Ein anwesender Pfarrer notierte später in seine Pfarrchronik: „Ich eile! Frauen, die sich durch den Wald neugierig vorgedrängt hatten und zurückgewiesen worden waren, kommen uns entgegen: ‚Es hat schon begonnen‘, ‚Die ersten hängen schon‘, rufen sie uns roh und gefühllos zu […] Schon sehen wir die Menschenmenge, 500, 700 Mann! Auch einige Frauen und Mädchen.“

Adam Szczerkowski wurde nur 37 Jahre alt. Er hinterließ eine Frau und drei Töchter.

Die Animation ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit der St. Joost School of Art & Design in Den Bosch und Breda.

Raden Mas Djajeng Pratomo

Der aus einer Adelsfamilie im heutigen Indonesien stammende „Prat“ engagierte sich im niederländischen Widerstand. Er überlebte die Lager Amersfoort, Herzogenbusch und Dachau – doch die Erlebnisse verfolgten ihn bis an sein Lebensende.

Djajeng Pratomo wurde in Bagansiapiapi geboren, einer Stadt auf Sumatra, dem heutigen Indonesien, damals eine niederländische Kolonie. Er stammte aus einer javanischen Adelsfamilie und war daher berechtigt, den Adelstitel Raden Mas zu führen, zog es aber vor, einfach „Prat“ genannt zu werden.

Er genoss eine gute Ausbildung in Batavia und Medan und ging 1936 an Bord eines Schiffes, das ihn in die Niederlande brachte, wo er eine Zeit lang Medizin und Wirtschaft studierte. Prat lebte in Leiden, Rotterdam und Den Haag. Er wurde Mitglied der indonesischen Studentenvereinigung Perhimpunan Indonesia und der Tanzgruppe Insulinde, die sich sowohl in Europa als auch in Asien gegen Faschismus und Nazismus einsetzte. Auf diese Weise kam Prat während der deutschen Besatzung mit dem Widerstand in Kontakt. Er half Juden, die untergetaucht waren, und verteilte illegale Zeitungen.

Im Januar 1943 wurden Prat und seine spätere Frau Stennie, die ebenfalls am Widerstand beteiligt war, verhaftet. Prat wurde für kurze Zeit im Durchgangslager Amersfoort festgehalten, bevor er am 24. Februar im KZ Herzogenbusch eintraf. In Herzogenbusch wurde er – genau wie Stennie –- dem Philips-Kommando zugeteilt. Da Männer und Frauen getrennt waren, lebten sie in verschiedenen Abteilungen des Lagers, trafen sich aber manchmal am Stacheldraht.

Am 24. Mai 1944, nach achtzehnmonatiger Haft, wurde Prat nach Dachau transportiert und von Stennie getrennt, die ins Lager Ravensbrück deportiert wurde. Prat arbeitete in Dachau auf einer Krankenstation. „Jeden Morgen fand ich Dutzende von Menschen, die, vom Typhus geschwächt, in ihren Betten gestorben waren“, erinnerte er sich später.

Prat und Stennie überlebten beide die Lager und heirateten. Obwohl sie weiterhin in den Niederlanden lebten, wo sie beide im Journalismus arbeiteten, setzten sie sich gemeinsam für die Unabhängigkeit Indonesiens ein. Prat wurde fast 104 Jahre alt, aber er konnte den Zweiten Weltkrieg nie ganz hinter sich lassen. „Die Ärzte warnten mich schon 1947: Wenn man so etwas Schreckliches wie in diesen Lagern erlebt, bleibt es im für immer im Kopf, auch viele Jahre später. Damals sagte man mir: Das wirst du nie vergessen.“

Die Animation ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit der St. Joost School of Art & Design in Den Bosch und Breda.

Rose Lipszyc 

Rose Lipszyc war ein jüdisches Mädchen aus Lublin, das nur knapp der Deportation in ein Vernichtungslager entging. Ein Bauer, den sie kannte, besorgte ihr Taufscheine, die es ihr ermöglichten, den Krieg unter einer falschen Identität als Zwangsarbeiterin im nationalsozialistischen Deutschland zu überleben. 

Rose Lipszyc wurde 1929 in Lublin als Rózia Handelsman geboren. Sie hatte zwei Brüder: Icek und Henio. Ihr Vater Lejzor Handelsman war Schneider. Ihre Mutter Dwora, eine gelernte Buchhalterin, war Hausfrau. Sie wohnten in der Grodzka-Straße 30 in der Altstadt, wo die lebhafte Rózia mit ihren Freunden und vielen Cousins und Cousinen spielte. 

Der Zweite Weltkrieg begann , als Rózia zehn Jahre alt war. Im Jahr 1941 zog ihre Familie aufs Land nach Osmolice bei Lublin. Die Handelsmans bestritten ihren Lebensunterhalt mit Feldarbeit und dem Verkauf ihrer Besitztümer; der Vater verdiente Geld mit Näharbeiten. 

Am 16. März 1942 begannen die Deutschen im Rahmen der „Aktion Reinhardt“ mit der Deportation von Juden und Jüdinnen aus dem Generalgouvernement in sogenannte Vernichtungslager. Rózias Familie musste am 13. Oktober ins Ghetto Bełżyce umziehen, wo die Männer von den Frauen und Kindern getrennt wurden. Rózia, ihre Mutter und ihr jüngerer Bruder wurden einer Gruppe zugeteilt, die zum Bahnhof getrieben wurde. „Ich kann nicht glauben, dass die ganze Welt verrückt geworden ist! Es muss einen Menschen geben, der dir hilft. Ich fühle es“, sagte ihre Mutter zu Rózia, als sie ihre blonde Tochter mit den blauen Augen an den Straßenrand schob. Rózia Lipszyc erinnert sich an diesen Moment: „Ich hatte solche Angst. Der letzte deutsche Wachmann sprach mich an und fragte, ob ich Jüdin sei. Aber ein Pole, der hinten auf einem Wagen fuhr, rief: Siehst du nicht, dass sie Polin ist? Und ich wurde auf dieser Straße allein zurückgelassen.“ 

Rózia wandte sich an einen ihr bekannten Bauern aus dem Dorf Nowiny bei Krężnica Jara. Stanisław Jabłoński gab ihr die Taufscheine seiner Töchter und schickte sie nach Lublin, wo ihre Tante noch im Restghetto wohnte. Dank seiner Hilfe wurden zwei Jüdinnen, Rózia Handelsman (13 Jahre) und Róża Finkielsztajn (21 Jahre), als polnische Schwestern Helena und Leokadia Jabłoński zur Zwangsarbeit nach Deutschland geschickt. 

Fast drei Jahre lang arbeiteten sie in einer Fabrik in Bremen. Es war eine Zeit des Hungers, der Überarbeitung und der ständigen Angst, dass ihre jüdische Herkunft entdeckt wird. Ihre falsche Identität wurde durch Briefe und Lebensmittelpakete ihres „Vaters“ Stanisław bestätigt, der damit sein eigenes Leben und das seiner Familie aufs Spiel setzte. 

Nach der Befreiung ging Rózia nach Palästina. 1952 zog sie zusammen mit ihrem Mann Jakub Lipszyc nach Kanada. 

Rose Lipszyc trifft sich noch immer mit kanadischen und polnischen Jugendlichen, um als Zeitzeugin von ihrem Kriegsschicksal zu erzählen. Im Jahr 2019 wurde Stanisław Jabłoński und seiner Frau Maria posthum der Titel „Gerechte unter den Völkern“ verliehen.

Die Animation ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit der St. Joost School of Art & Design in Den Bosch und Breda.

Selma van de Perre-Velleman

Die Jüdin Selma van de Perre-Velleman wurde wegen ihrer Widerstandsaktivitäten unter ihrem Pseudonym Marga van der Kuit im KZ Herzogenbusch inhaftiert. Erst nach dem Krieg traute sie sich, es laut auszusprechen: „Mein Name ist Selma.“

Selma Velleman wuchs in einer liberalen jüdischen Familie auf und wurde erst während des Krieges mit ihrem Jüdischsein konfrontiert. Plötzlich wurde es zu einer Frage von Leben und Tod.

Als sie im Juni 1942 zwanzig Jahre alt wurde, wurde Selma zur Zwangsarbeit in Deutschland verpflichtet. Es gelang ihr jedoch, sich zu entziehen, und beschloss wenig später, sich dem Widerstand anzuschließen. Sie bleichte sich die Haare und lebte dank eines gefälschten Personalausweises als die nichtjüdische Margareta „Marga“ van der Kuit weiter. Unter diesem falschen Namen verteilte sie illegale Zeitungen, falsche Personalausweise und Gutscheine.

Nachdem sie verraten und im Juli 1944 verhaftet wurde, war sie im KZ Herzogenbusch und später im deutschen Frauenlager Ravensbrück inhaftiert – immer noch als die nichtjüdische Marga van der Kuit. Sie wusste, dass sie im Falle der Entdeckung ihrer jüdischen Identität in eines der Vernichtungslager geschickt werden würde. „Nachts wagte ich kaum zu schlafen, weil ich Angst hatte, meinen richtigen Namen zu sagen und meine wahre Identität preiszugeben.“

Erst als sie nach der Befreiung des Lagers Ravensbrück nach Schweden evakuiert wurde, wagte Selma, es laut auszusprechen: „Mein Name ist nicht Margareta van der Kuit. Mein Name ist Selma.“

Sie und ihre älteren Brüder David und Louis überlebten den Krieg, aber ihr Vater Barend, ihre Mutter Femmetje und ihre jüngere Schwester Clara wurden in den Vernichtungslagern ermordet.

Im November 1945 zog Selma nach London, wo ihre Brüder lebten und arbeiteten. Sie fand eine Stelle bei der BBC, wo sie Hugo van de Perre kennenlernte. Die beiden heirateten 1955 und bekamen 1957 einen Sohn. Selma van de Perre-Velleman lebt auch heute noch in London.

Lange Zeit sprach sie nicht viel über den Krieg, bis sie begann, ihre Lebensgeschichte zu Papier zu bringen. Daraus entstand ein Buch mit dem treffenden Titel My name is Selma, das nach seinem Erscheinen im Jahr 2020 sofort zu einem Bestseller wurde.

Über die bleibenden Auswirkungen des Krieges schrieb sie in ihrem Schlusswort: „Der Tod von Papa, Mama und Clara ist immer noch das schockierendste Ereignis in meinem Leben. Schlimmer als alles, was ich im Krieg erlebt habe, ist das Wissen, wie sie getötet wurden. Noch heute, 75 Jahre später, liege ich nachts wach und sage mir: „Selma, schlaf ein. Man kann nicht ändern, was passiert ist, indem man darüber nachdenkt.“ Indem ich an Gedenkveranstaltungen teilnahm und über den Holocaust sprach, fand ich einen Weg, mit all dem umzugehen.“

Tineke Wibaut-Guilonard

Tineke Guilonard, Mitglied des Widerstands, erlebte eine der dunkelsten Seiten in der Geschichte des KZ Herzogenbusch. Nach dem Krieg leistete sie einen wichtigen Beitrag zum Gedenken an den Zweiten Weltkrieg.

Tineke Guilonard war noch ein Teenager, als ihr Vater Pieter, stellvertretender Direktor der KLM Royal Dutch Airlines, 1939 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Vier Monate zuvor hatte er sich geweigert, nach der sogenannten Kristallnacht weiterhin Geschäfte mit Deutschland zu machen, eine Entscheidung, die seine Tochter sehr beeindruckte.

 In die Fußstapfen ihres Vaters tretend schloss sich Tineke dem Widerstand gegen die Nazis an, als ihre jüdischen Mitschüler 1941 das Amsterdamer Lyceum verlassen mussten. Sie und ihre Klassenkameraden arrangierten Verstecke, organisierten Rationskarten und gefälschte Ausweise. Wenig später schloss sie sich unter ihrem Pseudonym Thea Beerens dem bewaffneten Widerstand an.

Nachdem sie im September 1943 verraten worden war, kam Tineke am 2. Januar 1944 ins KZ Herzogenbusch. Weniger als zwei Wochen nach ihrer Ankunft erlebte sie die so genannte „Bunkertragödie“, eine der dunkelsten Seiten in der Geschichte des KZ Herzogenbusch. Tineke war eine der 90 Frauen, die sich mit einer Mitgefangenen solidarisierten. Infolgedessen wurden 74 Frauen, darunter Tineke, in Zelle 115 und siebzehn Frauen in Zelle 117 eingesperrt. Zehn Frauen in Tinekes Zelle kamen dabei ums Leben. Sie sagte später: „Alles, was danach kam, wie schrecklich auch immer – diese Nacht war noch schlimmer.“

Für Tineke war es der Beginn einer fünfzehnmonatigen Gefangenschaft im KZ Herzogenbusch und in verschiedenen Lagern in Deutschland. Enge Freundschaften mit Mitgefangenen gaben ihr Kraft. „Es sind Freundschaften fürs Leben“, schrieb sie in einer geheimen Nachricht aus dem KZ Herzogenbusch.

Tineke überlebte die Lager und heiratete 1947 ihren Schulfreund und Widerstandskämpfer Frank Wibaut. Sie wurde eine glühende Verfechterin der Emanzipation und leistete einen wichtigen Beitrag zum Gedenken an den Zweiten Weltkrieg. Sie widmete sich intensiv der Unterstützung von Kindern von Kriegsopfern, zu denen sie nachdrücklich – und als eine der ersten – auch die Kinder von Tätern zählte. Außerdem war sie zusammen mit einigen ehemaligen Mitgefangenen an der Einrichtung der nationalen Gedenkstätte des KZ Herzogenbusch beteiligt. Neben anderen Auszeichnungen erhielt sie eine Yad-Vashem-Ehrung für ihre Widerstandstätigkeit.

Die Animation ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit der St. Joost School of Art & Design in Den Bosch und Breda.

Willem Jooren

Als Bahnhofsvorsteher in Vught sah Willem Jooren, wie immer mehr Züge mit Häftlingen auf dem kleinen Bahnhof ankamen. Er erfüllte eine bemerkenswerte Doppelrolle.

Mit der Eröffnung des KZ Herzogenbusch im Winter 1943 wurde der kleine örtliche Bahnhof zum Ankunfts- und Abfahrtsort für die Transporte Tausender meist jüdischer Häftlinge. Die ersten Transporte trafen im Januar 1943 ein. Im selben Monat startete der erste Häftlingstransport vom Bahnhof Vught aus in die Vernichtungslager. Im September 1944 gingen die letzten Transporte in die Lager Sachsenhausen und Ravensbrück.

Einer, der dies mit eigenen Augen gesehen hat, ist Willem Jooren, der als Bahnhofsvorsteher in Vught arbeitete. Willem, damals 50 Jahre alt, wohnte mit seiner Familie sogar im obersten Stockwerk des Bahnhofsgebäudes. Keiner kannte sich im Bahnhof besser aus als er.

Bald erfüllte er eine bemerkenswerte Doppelrolle. Im einen Moment war er der Bahnhofsvorsteher, der die Ankunft und Abfahrt der Züge sicherstellen musste, im nächsten Moment half er den Gefangenen, indem er eine Nachricht an die Familie überbrachte, das Essen mit ihnen teilte, während ein Wachmann wegschaute, oder, was am bemerkenswertesten war, ihnen sogar zur Flucht verhalf.

Seine Hilfe blieb jedoch nicht immer unbemerkt. Ein Augenzeuge berichtete, wie er sah, wie Willem unter den Augen der SS-Wachen drei kleine Kinder wegschmuggelte. Eine weitere denkwürdige Geschichte ist die des damals 15-jährigen Nathan Wijnperle, dem 1943 mit seiner Mutter die Flucht gelang, nachdem Willem den Waggon absichtlich nicht richtig verschlossen hatte. Die beiden lernten sich 1970 kennen, nachdem Nathan Willem aufgespürt und ihm einen Dankesbrief geschrieben hatte.

Dieses Treffen fand zu einem Zeitpunkt statt, als Willem langsam aber sicher anfing, über die von ihm geleistete Hilfe zu sprechen. Es hatte ihn einige Jahre gekostet, darüber zu sprechen: „Ich habe mich nicht getraut, mit jemandem darüber zu sprechen. Jeden Tag, an dem du etwas getan hast, hätten sie dich erwischen können. Es war eine schlimme Zeit.“

Nach dem Krieg arbeitete Willem bis zu seiner Pensionierung weiter im Bahnhof von Vught. Für seine Widerstandstätigkeit wurde er mehrfach ausgezeichnet, und 2022 wurde eine Straße in Vught nach ihm benannt.

Die Animation ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit der St. Joost School of Art & Design in Den Bosch und Breda.

NN. Verfasser des Briefes aus dem Lubliner Ghetto

1942 begannen die deutschen Truppen mit der Deportation von Juden und Jüdinnen aus dem Lubliner Ghetto in das Vernichtungslager Bełżec. Es gibt keine Aufzeichnungen mit den Namen der Deportierten, so dass viele Namen bis heute unbekannt sind.  

In der Nacht vom 16. auf den 17. März 1942 begannen die deutschen Truppen mit der Liquidierung des Lubliner Ghettos. Sie führten die „Vertreibungsaktion“ systematisch durch: Straße für Straße trieben sie Juden und Jüdinnen aus ihren Häusern und brachten sie zu Sammelplätzen. Der wichtigste Ort der Selektion war die Große Synagoge. Von dort aus führten SS-Männer die Menschen zum Verladehof hinter dem städtischen Schlachthof, wo Güterzüge in Richtung des sogenannten Vernichtungslagers Bełżec auf sie warteten. In weniger als einem Monat ermordeten SS-Männer etwa 28.000 Lubliner Juden und Jüdinnen in den dortigen Gaskammern. Es gab keine Deportationslisten. Niemand der „Vertriebenen“ hat überlebt. 

Jemand, der sich zu dieser Zeit im Ghetto Lublin aufhielt, beschrieb diese tragischen Ereignisse in einem Brief vom 24. März 1942. Dieser dramatische Bericht wurde auf Jiddisch geschrieben, der Sprache, die die Mehrheit der polnischen Juden und Jüdinnen sprachen. Wir kennen weder den Namen noch das Schicksal seines Verfassers: dieser teilweise unleserliche Text ist der einzige Hinweis auf seine Existenz. Die Emotionen, die in ihm mitschwingen – Elend, Schmerz, Hoffnungslosigkeit – vermitteln den persönlichen Charakter der Botschaft. 
„[…] Ich musste heute ein paar Worte über Tage hinzufügen, die als die Dunkelsten in der Geschichte des jüdischen Lublins in Erinnerung bleiben werden. Die Juden stehen inmitten eines blutigen Teufelstanzes. Es […] Lublin, es findet in Blut und Tränen statt. Jüdische Besitztümer ohne […]. Über 10.000 Juden wurden bereits vertrieben[…]. […] kleine Straßen. Hunderte von Toten lagen herum […] verlassene Wohnungen und ohne ausreichende […] das Waisenhaus und ein Altersheim […] ihre […] wurden nicht zurückgeschickt. Und […] während […] irren wir misshandelt umher […] müde, gequält und gebrochen. Ich kann nichts mehr tun […] Ich kann Ihnen nur zurufen: Hilfe. Füge […] hinzu und die Toten in Leichentüchern. Und […] hinausgehen […].“ 

Der Inhalt dieses einzigartigen Dokuments überlebte den Holocaust im Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos, das von Mitgliedern der jüdischen Geheimgruppe Oneg Shabbat unter der Leitung des Historikers Emanuel Ringelblum angelegt wurde.  

Nach dem Krieg wurde ein Teil des Ringelblum-Archivs gefunden. Diese einzigartige Quelle, die mehrere Tausend Dokumente umfasst, wurde in das UNESCO-Weltdokumentenerbe aufgenommen. Es ist ein Zeugnis des Lebens, des Leidens und des Todes einzelner Menschen und ganzer jüdischer Gemeinden, die zur Vernichtung verdammt waren – von ihnen selbst geschaffen.

Rudolph Cleveringa

Als der niederländische öffentlich-rechtliche Rundfunk 2015 über die „Beste Rede der Niederlande“ abstimmte, ging die berühmte Widerstandsrede von Rudolph Cleveringa als Sieger hervor – eine Ehre, für die der Leidener Professor einen hohen Preis bezahlt hatte.

Rudolph Cleveringa war Dekan der juristischen Fakultät der Universität Leiden, als sein jüdischer Kollege und Freund Eduard Meijers, wie auch andere jüdische Professoren, auf Druck der Nazis von der Universität verwiesen wurde. Dies war der Grund für die berühmte Protestrede, die Rudolph am 26. November 1940 vor einem vollbesetzten Hörsaal hielt, in der er seine Abscheu über die antijüdischen Maßnahmen zum Ausdruck brachte und erklärte, dass sie gegen alle Regeln des Rechts verstießen – immerhin sein eigenes Studienfach.

Es war eine Rede, die direkt aus dem Herzen kam, aber eine mit großen Konsequenzen. Am selben Abend verschwand Rudolph, der – so wird berichtet –  bereits einen gepackten Koffer in seinem Hausflur stehen hatte, und wurde in das Gefängnis von Scheveningen – allgemein bekannt als Oranjehotel – eingesperrt. Unterdessen verbreiteten seine Studenten die Rede eifrig und traten in den Streik, was dazu führte, dass die Universität Leiden von den Besatzern geschlossen wurde.

Nach achtmonatiger Gefangenschaft im Oranjehotel wurde Rudolph freigelassen, doch 1944 wurde er erneut inhaftiert, diesmal als Geisel im KZ Herzogenbusch. Zusammen mit 31 weiteren Einwohnern von Leiden wurde er als Vergeltung für die gescheiterte Liquidierung eines Mitglieds der niederländischen nationalsozialistischen Partei durch den Widerstand der Stadt verhaftet.

Im KZ Herzogenbusch musste er die Habseligkeiten der neuen und entlassenen Häftlinge verzeichnen. Im Juli 1944, nach mehr als sieben Monaten Haft, entdeckte er seinen eigenen Namen auf der Liste der Gefangenen, die bald entlassen werden sollten.

Kurz nach seiner Entlassung trat Rudolph auf Bitten der Regierung in London dem College van Vertrouwensmannen (Kollegium der Vertrauensmänner) bei, einer Gruppe ehemaliger Politiker und Vertreter des Widerstands, die angesichts der bevorstehenden Befreiung ein Machtvakuum verhindern sollte. „Eine Entscheidung, die mindestens genauso mutig war, wie die Rede vom 26. November“, notierte sein Biograph Kees Schuyt.

Nach dem Krieg nahm Rudolph seine Arbeit an der Universität Leiden wieder auf, bis er 1958 in den Ruhestand ging. Anschließend war er mehrere Jahre in der öffentlichen Verwaltung tätig. Er starb am 1980 im Alter von 86 Jahren. In Erinnerung an den Professor und seine berühmte Protestrede organisiert die Universität Leiden jedes Jahr um den 26. November herum Vorlesungen in aller Welt.

Die Animation ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit der St. Joost School of Art & Design in Den Bosch und Breda.

Suze Arts

Im Sommer 1943 trat Suze Arts, eine junge unverheiratete Mutter, eine Stelle als SS-Aufseherin im KZ Herzogenbusch an. Sie absolvierte einen sechswöchigen „Ausbildungskurs“ im berüchtigten Frauenlager Ravensbrück und wurde eine der am meisten gefüchteten Aufseherinnen des KZ Herzogenbusch.

Die 21 niederländischen Wächterinnen des Lagers Vught waren von der SS angestellt. Die meisten von ihnen kamen aus der Provinz Nordbrabant. Oft waren es junge Frauen, die jüngste war gerade einmal sechzehn Jahre alt.

Suze Arts die anderen niederländischen Frauen hatten verschiedenste Gründe, die Stelle als Wächterin zu übernehmen. Einige taten es des Geldes wegen, andere aus Liebe – eine Reihe von Frauen hatte eine Beziehung zu einem männlichen Wachmann oder ging eine solche ein – und wieder andere, um gegen ihre Eltern zu rebellieren. Einige waren auch glühende Anhängerinnen des Nationalsozialismus.

Als sie zwei Jahre alt war, verlor Suze Arts ihre Mutter. Nicht lange nach ihrem Tod trat eine Stiefmutter in ihr Leben, zu der sie ein problematisches Verhältnis hatte. Arts besuchte als Kind mehrere Internate, darunter eines in Deutschland, wo sie Franz Ettlinger kennenlernte. Sie blieben in Kontakt, und es war Ettlinger, selbst Wachmann im KZ Herzogenbusch, der Arts auf die freie Stelle hinwies.

Zu dieser Zeit lebte Arts als alleinerziehende Mutter in Amsterdam mit ihrem Sohn Hans, einem Kind aus einer Affäre mit einem verheirateten Hausarzt, bei dem sie als Krankenschwester gearbeitet hatte. Während ihrer Zeit im KZ Herzogenbusch wurde Arts mit Ettlingers Tochter schwanger, obwohl er verheiratet war und vier Kinder zu Hause hatte.

Arts wurde von den im KZ Herzogenbusch inhaftierten Frauen verabscheut. Mehrere Gefangene beschrieben sie als sadistisch, unmenschlich, brutal und tyrannisch, vor allem wegen ihrer Beteiligung an der berüchtigten „Bunkertragödie“. Hierfür wurde sie entlassen und nach dem Krieg zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt.

Nach ihrer Entlassung fand Arts unter einem Pseudonym eine Anstellung bei der Frauenzeitschrift Margriet als Koordinatorin der Rubrik „Briefe und Rätsel“. Ihre beiden Kinder wuchsen bei Pflegeeltern auf.

Nach dem Krieg erklärte sie: „Ich hatte kein Interesse an Politik. Ich wollte einfach nur etwas zu essen auf den Tisch bringen. Wenn ich zurückblicke, denke ich manchmal, dass es die Demütigung war, die ich in meiner Jugend erlitt, die mich ins KZ Herzogenbusch brachte. Dort, in meiner Uniform, war ich wichtig.“

Die Animation ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit der St. Joost School of Art & Design in Den Bosch und Breda.
Die Animation ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit der St. Joost School of Art & Design in Den Bosch und Breda.