Nikolaus Brüll

Nikolaus Brüll kam 1922 in Eupen zur Welt, einer ehemaligen deutschen Stadt, die nach dem Ersten Weltkrieg von Belgien annektiert wurde. Die Familie Brüll erhielt durch die Annexion die belgische Staatsbürgerschaft, seine Eltern fühlten sich jedoch eher Deutsche als Belgier. 

Nach der Invasion Belgiens durch Nazi-Deutschland im Mai 1940 wurde Eupen Teil des Deutschen Reichs. Brüll trat freiwillig der Hitlerjugend bei und seine Familie erhielt im September 1941 die deutsche Staatsbürgerschaft zurück. Mit der deutschen Staatsbürgerschaft kam auch der Wehrdienstbefehl und Brüll begann seinen Dienst in der Wehrmacht. Nach einer sechsmonatigen militärischen Ausbildung wurde der 19-jährige Nikolaus Brüll im März 1942 an die Ostfront gesandt.

Die militärische Karriere von Brüll fand im August 1943 ein abruptes Ende, als er schwer am Bein verwundet wurde. Die Wunde war dermaßen schlimm, dass sein Bein amputiert werden musste, wodurch er den Rest des Krieges in Militärkrankenhäusern verbrachte. Im Mai 1945 wurde er von amerikanischen Truppen verhaftet.

Nach dreieinhalb Jahren der Abwesenheit konnte Brüll im Oktober 1945 nach Hause zurückkehren. Nach der Befreiung wurde Eupen wieder Teil Belgiens und sämtliche „deutschen“ Bürger von Eupen – einschließlich Brüll und seiner Familie – wurden Ziel von Ermittlungen. Bereits kurz nach seiner Rückkehr fand sich Brüll als Gefangener im Internierungslager Verviers wieder. Er wurde angeklagt, gegen Belgien gekämpft zu haben und Mitglied der Hitlerjugend gewesen zu sein. Nachdem er bewiesen hatte, dass sein Militärdienst obligatorisch gewesen war, wurde er freigelassen und erlangte später seine bürgerlichen und politischen Rechte zurück.

Trotz alledem gelang es Brüll nie, den Krieg vollständig hinter sich zu lassen. Sein amputiertes Bein und sein Gehstock erinnerten ihn täglich an seine Erlebnisse und machten es ihm unmöglich, seine Geschichte vor anderen geheim zu halten.

Mitglieder der Hitlerjugend in Eupen im Jahr 1940. Nach der Annexion von Eupen durch Deutschland wurde die Hitlerjugend zur einzigen offiziellen Jugendbewegung. © Family archive Brüll (www.belgiumwwii.be)
Nikolaus Brüll (links) verlor sein rechtes Bein nach einer schweren Verletzung an der Ostfront und war danach auf einen Gehstock angewiesen. © Family archive Brüll (www.belgiumwwii.be)

Malka Zimetbaum

Die Lebensgeschichte von Malka Zimetbaum führt uns von Polen über Belgien zurück nach Polen, wo sie ein tragisches Ende findet. Heute ist Malka das Symbol für den jüdischen Widerstand in Auschwitz und die grenzüberschreitende Erfahrung, die der Zweite Weltkrieg für viele Menschen darstellte.

Im Alter von 10 Jahren emigrierte Malka mit ihrem Bruder und ihren Eltern von Polen nach Antwerpen. In der Schule stach sie vor allem im Sprachunterricht hervor und lernte eifrig Niederländisch, Französisch, Deutsch, Englisch und Polnisch.

Während der belgischen Besetzung durch Nazi-Deutschland wurde Malkas Familie dazu gezwungen, sich als Juden zu registrieren. Ab Juni 1942 musste sie den Judenstern tragen. Malka wurde im Juli 1942 am Hauptbahnhof in Antwerpen festgenommen. Sie kam gerade zurück aus Brüssel, wo sie nach einem Versteck für ihre Familie gesucht hatte.

Malka wurde im September 1942 nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Nach ihrer Ankunft wurde sie aufgrund ihrer Sprachkenntnisse dazu ausgewählt, als Dolmetscherin und Schreibkraft zu arbeiten. Dank ihrer privilegierten Position war Malka in der Lage, ihren Mitgefangenen zu helfen. Sie bemühte sich, Häftlingen leichtere Tätigkeiten zuzuweisen, sie besorgte Essen und Medikamente für diejenigen, die sie brauchten, und sie munterte Menschen auf. Sie warnte Patienten im Krankenhaus auch vor anstehenden „Selektionen“ und drängte sie, das Krankenhaus schnellstmöglich zu verlassen. Hier erhielt Malka ihren Spitznamen Mala la Belge.

Malka verliebte sich schließlich in den polnischen politischen Gefangenen Edek Galiński. Dem Paar gelang im Juni 1944 gemeinsam die Flucht, beide wurden jedoch bereits zwei Wochen später erneut gefasst. Zurück in Auschwitz wurden Edek und Malka auf dem Versammlungsplatz des Lagers zur Abschreckung vor weiteren Fluchtversuchen in der Gegenwart von anderen Gefangenen exekutiert.

Nach ihrem Tod wurde Mala la Belge durch ihre mutigen Taten unter widrigsten Umständen zum Symbol der Solidarität, des Wagemuts, der Barmherzigkeit und des Widerstands.

Malka (links) mit ihrer Mutter Chaja und ihrer Schwester Merjem im Jahr 1926. © Kazerne Dossin
Edek Galiński im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. © Panstwowe Muzeum Auschwitz-Birkenau w Oswiecimiu
Die Gedenktafel zu Ehren von Malka in Antwerpen. © www.antwerpenherdenkt.be/activiteiten/muurschildering-mala-zimetbaum